„Die beiden Bilder aus einer Felsunterkunft am Sani Pass in den südafrikanischen Drakensbergen zeigen Ausschnitte eines größeren Wandarrangements (200 x 700 cm). Die einzelnen Figuren besitzen eine Größe von etwa 10 cm. In beiden Bilder wird die Beiläufigkeit, mit der viele Überlagerungen auftreten, deutlich. Beide Szenen zeigen fast alltägliche Situationen von Personen, die jedoch durch Farbe und Ausgestaltung voneinander zu unterscheiden sind. [...]
Im zweiten Fall scheint eine gehende Gestalt den Jagdköcher einer sitzenden und einer Gruppe zugehörenden Person zu übernehmen. Die Ausbleichung bzw. Beschaffenheit der Farbe verdeutlicht die Unterscheidung der Figuren. Ohne über die ursprüngliche Bedeutung beider Szenen zu spekulieren, kann aufgrund der gestalterischen Anordnung mit Sicherheit gesagt werden, dass sich die Szenen aus Figuren unterschiedlicher Entstehungszeit zusammensetzen. Es wird ebenfalls deutlich, dass der spätere Zeichner auf das Vorhergehende gezielt Bezug nimmt und zwar indem Objekte, bzw. Gestalten in die visuelle Erzählung im neuen Bild integriert werden. Beide Bildebenen werden miteinander verwoben. [...]
Für die San war die Überlagerung, und damit die Collage, einfach zu erfinden. Sie lebten zu gleichen Teilen in der realen und in der spirituellen Welt. Sie suchten etwas, was die Reise zwischen den Welten ermöglichte, etwas, was sie und ihre Bedürfnisse hindurchließ. Die San erfanden Bilder, die Realität zeigen und zugleich durchlässig sein konnten.“

 
     
         
   
 

Texte aus:
Scholz, Martin: Der Fels, der Tanz, die Macht und ihre Bilder - Felsmalerei der San. In: Scholz, Martin, Helmbold, Ute (Hrsg.): Bildsampling - Wie viele Bilder brauchen wir?. Reihe Bildwissenschaften Bd. 17. Wiesbaden 2006, S. 39 und 50.